Kleiner Werkzeugkasten zur
Raumwahrnehmung der Donau City
Daniela Schadauer
Raumwahrnehmung ist immer subjektive Erfahrung. Man durchschreitet ein Quartier und findet es ansprechend – oder auch nicht. Die Gründe dafür sind vielfältig. So bestimmen beispielsweise auch die vorhandenen baulichen Maßnahmen, die Geräuschkulisse oder die unterschiedlichen Raumnutzungen, wie ein Stadtgebiet wahrgenommen wird.
Wie hört sich der Stadtraum an? Wie wird der Ort genutzt? Wer sind die Nutzer*innen der Donau City? Der Werkzeugkasten zur Raumwahrnehmung beinhaltet viele Fragen, die Ihre Aufmerksamkeit für den Stadtraum schärfen sollen, um Ihre Raumbeobachtungen zu vertiefen und zu reflektieren. Probieren Sie es einfach mal aus und spazieren Sie durch die Donau City. Oder Sie erkunden die Donau City mit der hier vorgeschlagenen Spaziergangsroute mit kleinen Wahrnehmungsübungen im Raum. Hier sind die Fragen/Übungen bestimmten Orten, Gegebenheiten und Plätzen zugeordnet. Gerne können Sie mit diesen Fragen auch eigene Routen und Erkundungen durch das Areal starten und die Übungen erweitern und ergänzen.
Allgemein gilt es bei Wahrnehmungsspaziergängen zu berücksichtigen, dass die Nutzung des Quartiers immer auch vom Wochentag, der Uhrzeit sowie von Wetterlage und Jahreszeit abhängig ist.
Als Startpunkt für die Erkundung bieten sich von außerhalb kommend die U-Bahn-Station Kaisermühlen/VIC oder die U-Bahn-Station Donauinsel an. Von innerhalb der Donau City lässt sich die Spaziergangsroute am besten vom Ares Tower starten. Am Infopunkt beim Ares Tower werden bis Mitte Oktober 2023 weitere Informationen bereitstehen.
Wenn Sie wollen, können Sie Ihre Erkenntnisse, Erfahrungen und Eindrücke auf www.nullebene.at als Inspiration für andere zur Verfügung stellen.
(Einstieg)
In welchem Quartier befinde ich mich?
Lassen Sie ihren Blick schweifen:
Wie erscheint Ihnen das Quartier? Wie ist es baulich organisiert? Ist es Ort des Wohnens oder Ort des Arbeitens? Was hören Sie?
Infostand (Ares Tower)
Planpunkt A (Reichsbrücke, CopaBeach)
Planpunkt L (Kreuzung Isidro-Fabela-Promenade/Aristides-De-Sousa-Mendes-Promenade)
Im weiteren Verlauf Ihres Spaziergangs können Sie (an jedem Ort) immer wieder auf folgende Details achten, um die Besonderheit dieses Stadtteils für sich auszuloten:
Wie hört sich der Stadtraum an?
Geräusche und Akustik sind ein wichtiges Thema in städtischen Räumen. Wenn Sie sich durch den Stadtteil bewegen, bleiben Sie stehen und lauschen Sie.
Was höre ich?
Gibt es Geräusche, die fehlen?
Welche Geräusche dominieren?
Wie klingen die Orte zu unterschiedlichen Tageszeiten?
Gibt es Orte, an denen sich die Geräuschkulisse markant ändert?
Und wenn ja, warum?
Wie wird der Stadtraum genutzt?
Wer nutzt offene Flächen? Welches Alter haben die Menschen?
Gibt es einen Park oder Spielplätze?
Gibt es Hundezonen?
Wird der Raum überwacht?
Ist der Raum barrierefrei zugänglich?
Wie ist der Verkehr geregelt?
Welche Verkehrsmittel gibt es hier?
Wie viel Platz wird Fußgänger*innen eingeräumt?
Gibt es Verkehrsteilnehmer*innen, auf die besonders geachtet wird?
Wie lang sind die Wege zum öffentlichen Verkehrsnetz?
Baustil/Fassade/Raumstrukturen?
Welcher Baustil ist hier dominant?
Welche Baustoffe prägen den Stadtraum?
Ist es hier bunt?
Werden die Balkone/Loggien genutzt?
Sind die Bauwerke sehr dicht nebeneinander errichtet?
Ist der Raum übersichtlich und bietet Orientierung?
Gibt es Zonen der Weitläufigkeit? Gibt es enge Nischen?
Welches Konzept von Stadt ist hier sichtbar?
Gibt es Akteur*innen, die fehlen oder unerwünscht sind?
Gibt es Lebensmittelgeschäfte? Gassenlokale? Bars? Kaffeehäuser? Industrie? Bildungseinrichtungen?
Ist der Stadtraum sauber?
Wer agiert in diesem Stadtraum?
Kreuzung Isidro-Fabela-Promenade/Carl-Auböck-Promenade
Ein zentraler Ort. Verweilen Sie kurz und beobachten Sie die Menschen hier:
Sehen Sie Personen bei Ihrem Spaziergang?
Woher kommen und wohin gehen diese?
Bewegen sie sich schnell oder flanieren sie?
Sind es vermehrt Geschäftsleute? Einzelpersonen? Familien? Gassigeher*innen? Tourist*innen?
Was können sie sonst noch beobachten?
Wie ist die Windsituation?
Planpunkt C (Kreuzung Isidro-Fabela-Promenade/Carl-Auböck-Promenade)
Planpunkt K (VIC, Umgebung mit UNO City)
Übung
SPIEL MIT DEN BLICKEN
Übung: Scharfstellen – Ausschnitt wählen
Oftmals braucht der Blick eine Rahmung, um geschärft zu werden. Basteln Sie sich einen Rahmen (Papier oder Karton) und durchschreiten Sie den Stadtraum. Bleiben Sie an manchen Stellen stehen und werfen Sie einen Blick durch den Rahmen. Vielleicht sehen Sie durch die Fokussierung Dinge, die Ihnen zuvor noch nicht aufgefallen sind.
Sie können Ihren Fokus z.B. auf Stadtmöblierungen, auf Treppen oder auf Momente der Sicherheit richten. Achten Sie auf Raumaufteilungen, Fassaden, Materialien, Grünzonen, Balkone, Nutzungen.
Übung
RAUM LESEN
Spazieren Sie von der Kreuzung in den Wohnpark Donau City. Die Wohnkomplexe und Hochhäuser in diesem Stadtraum wurden in den 1990er Jahren errichtet. Finden Sie, dass sich hier der Stadtraum ändert? Fallen Ihnen hier sichtbare Übergänge auf? Wenn ja, woran lässt sich dies festmachen?
Welche Akustik besitzt der Stadtraum?
Im Durchgang zwischen den Wohnblöcken finden Sie eine Treppe nach unten zum Taxistand (Planpunkt E). Von dort gelangen Sie auf die Fahrbahnebene. WICHTIG: Wenn Sie der Treppe nach unten folgen empfehlen wir Ihnen, dies nicht allein zu tun. Bitte beachten Sie im Untergeschoß, dass das Betreten des Tunnels streng verboten ist! Richtung VIC gelangen Sie zu einem zentralen ‚Hinterhof‘,
Welche Geräusche hören Sie und in welcher Intensität?
Ab wann ändert sich die Geräuschkulisse markant?
Wie verändert sich der Klang mit dem Standort, der Richtung, in die Sie schauen, und der Architektur?
Planpunkt E (Abgang zum Taxistand: Kreuzung Carl-Auböck-Promenade und Marcel-Prawy-Promenade)
Planpunkt F (Hinterhof, Verkehr)
Wie ist der „öffentliche Raum“ gestaltet?
Gibt es eine Stadtmöblierung?
Gibt es eine Stadtbegrünung?
Gibt es Schatten?
Gibt es Orte, die zum Verweilen einladen?
Konsumfreie Zonen mit Aufenthaltsqualität?
Wie verbinden sich die Gebäude miteinander?
Planpunkt G (Platz)
Planpunkt J (Umgebung)
Wie wird der „öffentliche Raum“ genutzt?
Die Carl-Auböck-Promenade endet an der Gilberto-Bosques-Promenade, einer breiten Freifläche vor dem Donau Park. Unter der Gilberto-Bosques-Promenade verläuft im Tunnel die Leonard-Bernstein-Straße, eine Zubringerstraße zur A22, der Donauufer Autobahn.
Welche Eindrücke haben Sie, wenn Sie sich auf der Promenade aufhalten?
Gibt es individuelle Aneignungen?
Gibt es verbotene Aneignungen wie z.B. Graffitis?
Wenn Sie Richtung Westen auf die breite Treppe zugehen und an der Glasbrüstung stehen, lassen Sie Ihren Blick kreisen.
Ist dies ein Ort des Durchzugs?
Werden die Verweilzonen genutzt?
Wie fühlen Sie sich?
Planpunkt H (Live-Konzert)
Übung
RAUM REFLEKTIEREN/AM ENDE DES SPAZIERGANGS
WO BIN ICH? DIE KARTE IM KOPF
Übung: Mental Map
Zeichnen Sie auf Basis Ihrer subjektiven Raumwahrnehmung/Raumerinnerung eine Karte Ihres Spaziergangs. Versuchen Sie so zu zeichnen, dass ein für Sie aussagekräftiges Bild entsteht. Markieren Sie auf der Karte für Sie markante Orte oder auch Orte, an denen Ihnen etwas Besonderes aufgefallen ist. Da es sich hier um subjektive Raumkarten handelt, gibt es kein richtig oder falsch.
Die Übung dient einerseits zur Selbstverortung und andererseits dazu, sich die eigene räumliche Umwelt bewusst zu machen. Mental Maps bilden die eigene Wahrnehmung und die räumlichen Ordnungen des subjektiv erlebten Raumes ab.
FEEDBACK
Haben sie Lust, Ihre Beobachtungen mit uns zu teilen? Dann schicken Sie uns Ihre Raumbeobachtungen an [email protected]
Das kann Ihre Mental Map mit Anmerkungen sein und/oder Fotos von Ihrem Spaziergang mit einer kurzen Erklärung oder/und ein kurzer Text. Ausgewählte Beiträge erscheinen auf www.nullebene.at.
Bitte beachten Sie:
Mit Ihrer Zusendung stimmen Sie einer Veröffentlichung Ihrer Einsendung zu.
Daniela Schadauer
(Kulturethnologin, kulturwissenschaftliche Stadtforschung)